Nachdem im ersten Teil der Serie der Ursprung und Aufbau von Kohlenhydraten im Mittelpunkt standen, geht es nun um ihre Wirkung im Körper – besonders auf den Blutzucker und das Hungergefühl.
Warum macht ein Stück Schokolade oft schneller wieder hungrig als ein Teller Linsensuppe? Wieso stellt sich nach einem süßen Snack häufig Müdigkeit ein – und nach einer ballaststoffreichen Mahlzeit angenehme Sättigung?
Die Antwort liegt im Zusammenspiel von Struktur, Verarbeitung und dem, was der Körper daraus macht.
- Der Weg der Kohlenhydrate – von der Mahlzeit ins Blut
- Der Unterschied liegt in der Verarbeitung
- Der Körper speichert – aber nur begrenzt
- Das Prinzip der „langsamen Kohlenhydrate“
Der Weg der Kohlenhydrate – von der Mahlzeit ins Blut
Wenn wir kohlenhydrathaltige Lebensmittel essen, beginnt die Verdauung oft schon im Mund. Enzyme im Speichel spalten erste Zuckerbausteine ab. Im Dünndarm geht dieser Prozess weiter: Kurzkettige Kohlenhydrate werden rasch zerlegt, gelangen schnell ins Blut – und lassen den Blutzuckerspiegel ansteigen.
Diese schnellen Spitzen sorgen dafür, dass die Bauchspeicheldrüse Insulin ausschüttet – ein Hormon, das die Glucose aus dem Blut in die Zellen schleust. So weit, so sinnvoll. Doch je kürzer die Kohlenhydratkette, desto steiler der Anstieg – und oft auch der Abfall. Nach einem zuckerreichen Snack kommt der Energieschub schnell – aber er hält nicht lange. Oft fällt der Blutzuckerspiegel sogar unter das Ausgangsniveau, was sich als Müdigkeit, Gereiztheit oder plötzlicher Heißhunger bemerkbar machen kann.
Der Unterschied liegt in der Verarbeitung
Die Struktur eines Lebensmittels und seine Verarbeitung bestimmen maßgeblich, wie schnell Kohlenhydrate ins Blut gelangen.
Ein Stück Obst enthält eine Mischung verschiedener Zuckerarten – darunter Traubenzucker, Fruchtzucker und häufig auch Saccharose. Gleichzeitig liefert es Ballaststoffe, die die Aufnahme der Zucker verlangsamen. Der Blutzuckerspiegel steigt dadurch weniger steil.
Ein Glas Fruchtsaft enthält denselben Zucker, aber kaum Faserstoffe – der Anstieg erfolgt deutlich schneller.

Ähnlich beim Getreide:
Vollkornbrot liefert langkettige Kohlenhydrate und Ballaststoffe. Weißbrot enthält kürzere Ketten und wenig Struktur – es wird schneller verdaut und macht weniger lang satt.
Der Körper speichert – aber nur begrenzt
Die im Blut zirkulierende Glucose steht dem Körper zunächst als schnelle Energie zur Verfügung. Was nicht direkt verbraucht wird, kann in Muskeln und Leber als Glykogen gespeichert werden – eine Art kurzfristiger Energievorrat.

Diese Speicherplätze sind jedoch begrenzt: Insgesamt lassen sich dort rund 400 Gramm Glykogen einlagern, was etwa 1600 Kilokalorien entspricht. Sind diese Speicher voll, wandelt der Körper überschüssige Glucose in Fettsäuren um und speichert sie im Fettgewebe – und das nahezu unbegrenzt.
Im Gegensatz zum Glykogen kennt das Fettgewebe keine natürliche Obergrenze. Je nach Körperzusammensetzung können hier leicht zehntausende Kalorien abgelegt werden. Das erklärt, warum eine Ernährung mit vielen rasch verwertbaren Kohlenhydraten – auch bei regelmäßigem Hungergefühl – zur Gewichtszunahme führen kann. Energie ist vorhanden, aber für den Körper schwerer nutzbar.
Das Prinzip der „langsamen Kohlenhydrate“
Langkettige Kohlenhydrate aus Hülsenfrüchten, Gemüse oder Vollkornprodukten werden vom Körper langsamer verdaut.
Sie sorgen für gleichmäßige Blutzuckerwerte, weniger Heißhunger und länger anhaltende Sättigung.
Gerichte mit Linsen, Kichererbsen, Haferflocken oder Quinoa setzen auf diese „langsame Energie“. Besonders in Kombination mit Eiweiß – etwa aus Fisch, Fleisch, Eiern, Milchprodukten oder pflanzlichen Quellen wie Tofu – wird die Verdauung zusätzlich verlangsamt.
Gesunde Fette aus Nüssen, Samen oder hochwertigen Ölen unterstützen diesen Effekt und sorgen zusätzlich für Geschmack und Sättigung.
Auch die Konsistenz spielt eine Rolle: Ein körniger Salat sättigt länger als ein pürierter Smoothie, selbst wenn beide die gleichen Zutaten enthalten.
Wer bewusst auf „langsames Brennmaterial“ setzt, bringt Ruhe in den Stoffwechsel – und isst oft ganz automatisch ausgewogener.
Essenz
Nicht alle Kohlenhydrate wirken gleich. Entscheidend ist nicht nur die Menge, sondern auch ihre Struktur, Verarbeitung und Begleitstoffe.
Kurze Ketten liefern schnelle Energie, die aber ebenso schnell wieder verpufft. Lange Ketten entfalten ihre Wirkung langsamer, dafür nachhaltiger – und unterstützen einen ausgeglichenen Stoffwechsel.
Wer auf eine ausgewogene Kombination aus langkettigen Kohlenhydraten, Eiweiß und gesunden Fetten setzt, sorgt für stabile Energie, weniger Heißhunger und ein angenehmes Sättigungsgefühl – ganz ohne Verzicht.
Im nächsten Teil geht es um den Energiestoffwechsel selbst:
👉 Wie der Körper Energie gewinnt – und warum Kohlenhydrate das Feuer entfachen.
Viele Grüße aus Memmingen
Rita Hein

